"CO2 Emissionen als der neue U-Wert des Fensters" - von Prof. Jörn-Peter Lass ift Rosenheim und TH Rosenheim

Wie sollen unsere Klimaziele errreicht werden, wenn selbst Institutsleiter und relevante Hochschullehrer nicht verstehen, worum es geht?

Was bedeutet die Forderung des Institutsleiters beim ift in Rosenheim im Detail? von Franz Freundorfer GF pro Passivhausfenster GmbH

Mit dem Satz "... aber in Zukunft müssen wir den gesamten Lebenszyklus betrachten und als Maßstab die CO2-Emissionen heranziehen." spielt nach Prof. Lass der Energieverlust durch unsere Fenster über die gesamte Lebensdauer keine Rolle mehr, sondern es zählt nur noch der Ausstoß des schädliches CO2 Gases. Der CO2 Ausstoß wird aber mit steigendem Anteil erneuerbarer Energien immer kleiner und wird bis 2040 im Sinne unserer nachfolgenden Generation und laut unserer Klimaziele auf null gesenkt sein.

Ab 2040 ist die Energieerzeugung per Gesetzesvorlage auf erneuerbare Energien umzustellen und somit frei von CO2 Ausstoß. Auch das Heizen von Gebäuden ist damit ab 2040 CO2 frei. Als offene Frage bleibt, ob wir 2040 den tatsächlichen Energieverbrauch auch regenerativ decken können.

In der Herstellungsphase vertritt das ift in Rosenheim neuerdings den Ansatz einer pauschalisierten EPD Zertifizierung nach Rahmenmaterialgruppen. Somit soll die in Kürze in der EU für alle Hersteller nötige Environmental product declaration (vereinfacht der Nachweis der grauen Energie bei der Fensterherstellung) nicht betriebsspezifisch exakt, sondern nach Rahmenmaterialien PVC, Aluminium, Holz … pauschal ermittelt werden.

Da auch in  Fensterproduktion ab 2040 nur noch erneuerbare Energie eingesetzt werden darf, verbleibt das eingesetzte Material und dessen relevanter CO2 Beitrag. Hier gewinnt das Holz, weil es CO2 speichert und damit über den Lebenszyklus CO2 aus der Umwelt entnimmt.

Zählt man nun eins und eins zusammen und lässt die unzähligen Fensterkonstruktionen von der Barockzeit bis heute an sich vorüberziehen, verbleibt nach Lass das einfachverglaste Holzfenster als logische Konsequenz.

Franz Freundorfer, Oberaudorf 12/2021

 

Stellungnahme und Lösungsansatz von Prof. Benjamin Krick (PHI):

im Grunde hat Franz Freundorfer Recht. Das nach dem vorgeschlagenen Bewertungsmaßstab beste Fenster wäre aber kein einfach verglaster Holzfensterrahmen. Unter den von Freundorfer korrekt beschriebenen Bedingungen (künftig CO2 weder in der Herstellung noch im Betrieb, relevant bleibt allein der im Material gebunden erneuerbare Kohlenstoff) wäre das Resultat eine möglichst dicke Hartholzplatte, da sie den größten C-Speicher darstellt. Glas käme dann in diesem "Fenster" nicht mehr vor. Es speichert keinen Kohlenstoff.

Wenn es einen Ein-Zahlen-Indikator geben sollte, dann wäre dies besser der Gesamt-PE-Bedarf. Also die Summe des Primärenergiebedarfes aus Herstellung und Betrieb (im Betrieb müssten Energiegewinne und Energieverluste mit berücksichtigt werden). In die Herstellung gespeicherte Energie zu integrieren ist zumindest fragwürdig. Besser ist es hier die gespeicherte Energie als durchlaufenden Posten zu behandeln und erst bei der Umwandlung anzusetzen. Eine Schwierigkeit ist sicher auch, wie mit Nachnutzungsphasen umzugehen ist. Am Beispiel Aluminium wird das besonders deutlich: Primäres (also neu aus z.B. Aluminiumbauxit gewonnenes) Aluminium hat einen äußerst hohen Herstellungsenergiebedarf. Sekundäres Aluminium (das aus Recycling-Prozessen stammt) hat einen geringen Herstellungsenergiebedarf.
Klar ist, dass ein solcher Indikator mit großen Unsicherheiten behaftet sein wird, und damit auch zu Fehlentwicklungen führen kann.

Selbst wenn ein solcher Indikator eingeführt wird (eine Idee, an der wir in der Tat gerade forschen), kann er keinesfalls alleine stehen. Für die Bewertung eines konkreten Fensters im konkreten Einsatz bleiben weiter die bekannten Größen U, PSI, g entscheidend.

Prof. Benjamin Krick, Darmstadt 12/2021

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